Transkript
Hallo ihr Goldstücke, herzlich willkommen bei Diagnose Finanzmuffel zu dieser wichtigen Folge. Das Dilemma zwischen “Für später sparen” und “Ich lebe jetzt”! Puuuuuh, schwieriges Thema, oder? Wo liegt denn der Sweet Spot dazwischen? Wie viel kannst du jetzt für dein gutes Leben ausgeben, und wie viel sparst du? Wie löst du dieses Dilemma? Dieser Frage und ihrer Lösung gehen wir heute auf den Grund. Das ist eine Folge für all jene unter euch, die eine offene oder verborgene Abneigung gegen die Wörter “Sparen”, “Haushaltsbuch” und “Altersvorsorge” haben. Ich habe einiges an Input und Vorschläge für euch, und ich bin gespannt, was ihr nach der Folge denkt.
Die richtige Interpretation von “Altersvorsorge”
Eine beliebte Antwort, wenn es um das Thema Altersvorsorge geht: Da steckt das Wort Sorge drin. Ich will mich nicht sorgen, deshalb “sorge” ich nicht vor. Stimmt, Sorge bedeutet: Befürchtung, Angst, Unruhe, Kummer.
Aber jetzt komm ich mit einer anderen Interpretation und sag dir, was ich glaube was da EIGENTLICH drin steckt in dem Wort: Im Wort Sorge stecken ganz andere Dinge drin. Es kann nämlich auch meinen: Ich sorge dafür, dass es mir jetzt und später gut geht. Ich trage Sorge dafür, dass es mir auch in 20-30 Jahren noch finanziell gut geht.. Es handelt sich um Fürsorge mir selbst gegenüber. Selbstfürsorge! Self-Care. Ich lasse Sorgfalt walten im Sinne von Verantwortungsbewusstsein und Achtsamkeit. Kurzum: Ich kümmere mich um mich.
Was denkst du? Ändert das was bei dir, wenn du den Begriff Altersvorsorge so betrachtest?
Die falsche Interpretation von “Sparen”
Kommen wir zu einem anderen Wort, bei dem viele direkt innerlich aufstöhnen:
Sparen. Mit Sparen verbinden wir oft Verzicht. Wir denken an Einschränkungen, die uns unfrei machen. Wir wollen uns aber nicht eingeschränkt fühlen. Wir denken, Freiheit ist, wenn wir nicht darauf achten müssen, wo unser Geld hinfließt. Wenn wir nicht zweimal überlegen müssen: “Kaufe ich das jetzt oder nicht?”, sondern es uns einfach gönnen - weil wir es uns leisten können und uns frei fühlen wollen. Deshalb gehst du vielleicht sofort auf Abstand, wenn es ansatzweise um Sparen geht. Wer will sich schon freiwillig in der eigenen Freiheit einschränken?
Aber ist das wirklich so? Ist das wirklich eine Einschränkung, wenn wir anfangen, unsere Ausgaben zu notieren, um einen Überblick zu bekommen, wo unser Geld eigentlich hinfließt, damit wir die Stellen identifizieren können, an denen wir unnötig Geld verschwenden? Geld, das wir stattdessen für unsere Selbstfürsorge verwenden könnten? Musst du wirklich verzichten, wenn du anfängst zu sparen? Oder kann es sein, dass das Gegenteil passiert: Nämlich dass wir uns gar nicht einschränken und verzichten, sondern uns stattdessen befreien, weil wir die Kontrolle übernehmen? Weil wir uns trauen, hinzusehen. Und genau das tun wir ja, wenn wir darauf achten, was wir mit unserem Geld tun. Nicht der Online-Shop kontrolliert unser Geld, sondern wir übernehmen die Kontrolle über unser Geld, während wir unsere Selbstfürsorge für unser späteres Ich als Oma betreiben.
Wenn du schon die Verantwortung und Kontrolle übernommen hast, und Haushaltsbuch führst, und trotzdem das Gefühl von Verzicht hast: Warum musst du verzichten? Was ist es denn, worin du dich eingeschränkt fühlst? Warum empfindest du es als Einschränkung?
Sparen mit Verzicht geht nach hinten los
Das Problem mit Verzicht ist, dass es sehr wahrscheinlich nach hinten losgeht. Das ist wie bei einer Diät: Du zählst 4 Wochen lang Kalorien, verzichtest auf alle Sauereien, die du sonst immer gerne gegessen hast, nimmst 5 Kilo ab und dann kommt ein Moment der Schwäche. Alles wieder im Arsch. Ich denke, ich muss das nicht weiter ausführen.
Ähnlich kann das beim Sparen aussehen:
Konsumitis und Verzicht
Es gibt eine Menge Spartipps und Spar-Challenges. Challenges wie:
„5-Euro Spar-Challenge: Spare 1 Monat lang jeden 5 Euro Schein“
„Warte mindestens 12 Stunden ab, bevor du etwas kaufst“
„Setze dir ein Shopping-Budget“
Oder du setzt dir eigene Challenges, wie: “Ich spare diesen Monat 500 Euro”
Spar-Challenges machen Spaß, und Spartipps sind hilfreich, aber… ganz ehrlich: Bringt dir das was? Das alles bringt dir kurzfristig etwas, aber wirklich nachhaltig ist das alles nicht. Denn wenn du Tipps wie „Frage dich, ob du es wirklich brauchst“ häufiger anwenden musst, fragt sich doch: Wie bist du überhaupt schon wieder in die Situation gekommen, dass du dir mal wieder eine solche Frage stellen musst? Hmm?
Wir bekämpfen nur die Symptome, nie die Ursache
Kann es sein, dass Tipps und Challenges nur dazu da sind, ein Symptom zu lindern, aber nie dazu führen, dass wir die Ursache bekämpfen?
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_N001_63511.html 35% von uns Frauen haben Schulden bei Online-Händlern, und zwar im Schnitt 779 Euro - WARTE MAL: 35%?!??! Knapp 800 Euro???? Junge, junge, das ist krass. Und es zeigt, wie stark die Konsumitis grassiert, die zu solchen Symptomen wie „Schulden bei Online-Händlern“ führt. Diese Schulden wären absolut vermeidbar, wenn die Ursache behandelt würde.
Die Ursache ist: Wir leben unbewusst auf Autopilot, wollen anderen gefallen und denken, wir bräuchten viel Zeug, um glücklich zu sein.
Diese Schulden existieren aber, weil sich Menschen erhoffen, ihr Leben besser zu machen, indem sie Zeug kaufen. Zeug, von dem man uns weiß machen will, dass es uns schöner, toller, schlauer, schneller, aufregender, geheimnisvoller, sexyer und erfolgreicher macht. Denn all das verkaufen Unternehmen uns. Es geht schon laaaange nicht mehr um technische Daten und Inhaltsstoffe. Das war ganz am Anfang der Geschichte der Werbung vllt so. Nein, es geht um Gefühle, die man uns verkauft.
Wir kaufen Zeug, dass uns Sche*ßegal ist
Das mit dem guten Leben funktioniert aber nicht, indem wir ständig Zeug kaufen, dass uns eigentlich sche*ßegal ist. Denn die Versprechen, die uns gemacht werden, können von dem Zeug ja gar nicht eingehalten werden. Wir werden nicht sportlicher, indem wir uns Laufschuhe kaufen. Wir werden nicht schöner, indem wir die neue Mascara kaufen, die NOCH BESSER und noch schwärzer ist, als ALLE anderen Mascaras, die es JE gab. Wir werden auch nicht stylisher, indem wir uns eine Bluse kaufen, die an dem Model auf dem Foto so mega lässig aussieht, denn Style können wir nicht im Online-Shop kaufen. Style hat man, oder eben nicht. Und wenn die Bluse an dir runterhängt wie von ner Wäscheleine und nichts von dem Glamour hat, die sie auf dem Foto hatte, dann solltest du aufhören, dir Style kaufen zu wollen, weil du damit dein Geld verbrätst. (Gönn dir stattdessen lieber eine Stilberatung, die dir langfristig enorm Geld spart).
Wir brauchen keine Spartipps, wenn wir zufrieden sind
Glücklich und zufrieden sein geht anders. Wenn wir wirklich glücklich und zufrieden sind, brauchen wir keine Spartipps mehr, weil wir gar nicht erst in Situationen kommen, in denen wir potentiell unser Geld verschwenden. Naja zumindest kommen wir seltener in solche Situationen.
Sparen sollte nicht “Verzicht” bedeuten
Ich bin der Meinung, dass „Sparen“ nicht „Verzicht“ bedeuten sollte - weil du das nur kurzfristig durchhältst und du dadurch auf dein gutes Leben verzichtest. Hier kommt das große ABER: Wirklich nachhaltiges Sparen bei gleichzeitig gutem Leben im Hier und Jetzt setzt voraus, dass du weißt, was dich wirklich glücklich und zufrieden macht. Und ich meine damit, dass du dir das wirklich gut überlegst, weil es etwas mehr Arbeit erfordert, als 5 Minuten darüber nachzudenken, was dir wichtig ist.
Lösche einprogrammierte Glücks-Konventionen von deiner Festplatte
Uns wurde schließlich ein Leben lang einprogrammiert, was Glück angeblich ist und was wir alles dafür kaufen sollen. Die gesellschaftlichen Glücks-Konventionen löscht man nicht mal eben so von der eigenen Festplatte. Um das zu schaffen, müssen wir nämlich zuerst einen Code entschlüsseln. Und zwar unseren individuellen Glückscode. Wenn wir den gehackt haben, können wir auf das Wort „Sparen“ verzichten und das Prinzip umformulieren in: „Kein Geld verschwenden.“ Dann kann die Devise für dich lauten: “Ich höre auf zu sparen! Stattdessen verschwende ich mein Geld nicht mehr.”
Kenne deine Prioritäten, kenne deine Grenzen
Es setzt aber voraus, dass du deine Prioritäten und Grenzen kennst. Und „Prioritäten“ kann bedeuten, dass du alle 4 Wochen mit einer Freundin in euer Lieblingslokal Brunchen gehst und dabei immer ein teures, aber großes, frisches Glas O-Saft dabei trinkst. Weil du O-Saft liebst, weil du das Ritual liebst, weil du gerne mit deiner Freundin quatschst. „Grenzen“ kann bedeuten, dass du z.B weißt, was dir steht und klar hast, welche Anlässe du im Leben hast, sprich: wofür du wie viele Klamotten brauchst. Wenn du ständig High Heels kaufst, aber maximal einen Anlass im Jahr hast, wo du die Dinger trägst, dann hast du 1. zu viele Schuhe und 2. somit Geld in Sand gesetzt, dass du stattdessen für einige Male Brunchen hättest einsetzen können. Dadurch wäre wiederum mehr Geld für deine Altersselbstfürsorge übrig geblieben.
Hole den besten Glücks-ROI aus jedem deiner Euros, indem du die sinnvoll für dein Glück einsetzt
Du solltest wissen, wie du aus jedem deiner Euros den maximalen Glücks-ROI rausholen (Return on Investment). Geld, das auf dein Glück einzahlt, ist perfekt investiertes Geld. Das sind Ausgaben, die du nicht bereust, und die im Nachhinein nicht dieses Gefühl von innerer Leere erzeugen. Dann hast du auch nicht mehr all diese Ausgaben, an die du dich am Ende des Monats gar nicht mehr erinnerst.
Löse das Dilemma zwischen “Jetzt leben” und “Für später sparen”
So löst du auch das Dilemma zwischen „Ich lebe jetzt“ und „Ich muss für die Rente sparen“. Denn du weißt dann ganz genau, dass deine Zufriedenheit und dein Glück das Wichtigste ist. Und auf die Frage: „Und was, wenn ich morgen sterbe?“ kannst du dir selbst antworten, dass du es nicht bereust, „auf Teufel komm raus so viel wie möglich gespart“ zu haben, sondern du hast auf dich und deine Bedürfnisse geachtet und dein Geld bestmöglich FÜR DICH verwendet.
Das Ding ist, dass du wahrscheinlich weniger Geld für ein glückliches Leben brauchst, als du denkst. Und das ist die gute Nachricht: Wenn du deinen ganz individuellen Glückscode geknackt hast, kann es sein, dass du feststellst, dass deine Ausgaben sinken, und du dadurch ganz automatisch mehr zur Seite legen kannst. Es kann auch sein, dass du erlöst wirst: Wenn du weißt,, wie viel du jeden Monat investieren musst, um deine Party-hard-Wunschrente zu erreichen, ist dir klar, dass das locker mal 1.000 Euro monatlich sein müssten - die du halt nicht unbedingt mal eben so hast jeden Monat. Das kann dazu führen, dass du anfängst zu verzichten, und wir haben ja schon geklärt, dass wir Verzicht nur kurzfristig durchhalten und wir unser Leben auch jetzt selbstverständlich genießen müssen.
Wie findest du den Sweet Spot zwischen sparen und leben?
Und jetzt die Frage aller Fragen: Wie machst du das? Wie findest du die Balance und entledigst dich von dem schlechten Gewissen, das du hast, wenn du “zu wenig” sparst?
Führe ein Money Diary (Geld-Tagebuch)
Erstens: Tracke deine Ausgaben. Wirklich. Mach es. Schreibe dir deine Ausgaben auf. Mindestens 30 Tage lang. Besorg dir ein kleines Buch, schreibe alles was du bezahlst da rein, und zwar beantwortest du zu allen Ausgaben folgende Fragen: Was hast du gekauft? Wie viel hat es gekostet? Warum hast du es gekauft? Welches Gefühl hat es dir gegeben? Beispiel: Was: Kaffee zum Mitnehmen auf dem Weg zur Bahn, Wie viel: 3,20 Euro, Warum: Bock auf Kaffee, Gefühl: da kann stehen: Keine Ahnung oder sowas wie: Ich kann mir alles leisten, was ich will/Erfolg/Freiheit.
Also, führe dieses Geld-Tagebuch für mindestens 30 Tage und identifiziere, welche Art von Ausgaben dein Leben wirklich besser machen - und welche du weglassen kannst. Was sind nur Gewohnheiten, und was sind schöne Erlebnisse. Bleiben wir beim Kaffee-Beispiel: Regelmäßige 3,20 Euro auf dem Weg zur Bahn kann man sich vermutlich sparen, weil sie uns nix bringen, während der Kaffee to go mit der Freundin beim Spaziergang zu einem Erlebnis gehört und ganz andere, bzw. ÜBERHAUPT Gefühle bringt.
Okay, Geld-Tagebuch ist gebongt, ne?
Erstelle deine persönlichen Geldregeln
Zweitens: Erstelle dir daraufhin für deinen Umgang mit Geld wichtige Grundsätze. Das sind Regeln, die du dir selber setzt, um immer ganz klar zu wissen, wie du dein Geld einsetzt. Das erleichtert dir 1. Geldentscheidungen, weil du immer ganz einfach und schnell auf deine Regeln zurückgreifen kannst, und 2. vermeidest du das Gefühl von Verzicht. Du hast deine Regeln ja schließlich auf der Grundlage dessen definiert, was dir ganz persönlich im Leben wirklich und wahrhaftig Freude macht und was deine Prioritäten sind. Ein Grundsatz könnte lauten: “Wenn ich es mir leisten kann, spare ich nicht an Investitionen in meine Bildung” oder: “Ich kaufe keine Dinge aus Gewohnheit” oder “Ich kaufe keine neuen Klamotten, solange die anderen intakt sind.” , “Ich darf mir jede Woche einen Strauß Blumen kaufen”, weil dir eine schöne Umgebung total wichtig ist und Blumen dich froh machen. Da bist du ganz frei in der Gestaltung.
Soviel zu meinen Tipps für dich.
Knacke deinen Glückscode
Deinen Glückscode solltest du unbedingt knacken, denn das macht nicht nur deinen Alltag besser, sondern es bleibt wahrscheinlich mehr Geld für dich übrig. Ooookay. es gibt, ehrlich gesagt, eine MENGE mehr zu diesem Thema zu sagen und zu diskutieren. Es gibt da einige Abers und Wenns. Ich hoffe, dass ich die Anti-Sparerinnen und Anti-Altersvorsorgerinnen unter euch inspirieren konnte und du hier den ein oder anderen Aha-Moment oder hilfreichen Tipp mitnehmen konntest. Ziel sollte jedenfalls immer sein, den Sweet Spot des Sparens zu finden. Denn wir leben nunmal jetzt, und wenn wir Glück haben, dann tun wir das auch in 30 Jahren noch! Ich bin raus, peace.